La Belle Epoque. / Augenblicke in Paris.

Am 3. September 1973 um 18 Uhr 28 Minuten und 32 Sekunden, landete eine Schmeißfliege aus der Familie der Calliphora, die 14760 Flügelschläge ausführen können, in Amelies fabelhafter Welt in Montmatre. Am 1. September 2016 um etwa 8 Uhr morgens mein Nachtbus aus Nürnberg in der französischen Hauptstadt. Momentaufnahmen aus einem Sommer in Paris.

Es ist mitten in der Nacht und wir sitzen auf einer Bank in einem kleinen Park an der Seine. Kurze Hosen und ein paar Bier. Kurz zuvor hatten wir noch versucht, auf eine Schiffsparty zu kommen, die allerdings aus allen Nähten zu platzen drohte. So ist das eben im Sommer in Paris, die Leute sind auf der Straße, gierig auf unvergessliche Nächte, an die man sich noch lange erinnern soll. Zum Glück zielt unser Ansatz auf weitaus weniger ab. Partys gibt es schließlich überall, und für uns ist die Stadt schon Attraktion genug. Wahrscheinlich hätte ich gar nichts über den Moment geschrieben, wären wir auf ebenjener Party gelandet. Aber nun sitzt man eben da, auf der Bank bei der Seine, trinkt Bier und hat die schier unendlichen Möglichkeiten des Erkundens. Man kann hingehen wo man will, reden über was man will und sich einfach treiben lassen durch die magische Atmosphäre einer schier unendlichen Stadt. Wie so oft halten wir uns von den touristischen Highlights eher fern, versuchen vor allem das zu erkunden, was abseits der Routen liegt. Klar, so ganz schafft man das nie, wenn man nicht gerade ortsansässig ist. Und irgendwie zieht es einen dann doch, wenn auch nur kurz, zu den berühmten Sehenswürdigkeiten. Trotzdem lassen wir vieles aus, wenn es nicht gerade auf dem zufälligen Weg liegt. Stattdessen entschließen wir uns eines Abends, die vielen Orten aus der fabelhaften Welt der Amelie zu erkunden, das Café des 2 Moulins, Maison Collignons Gemüseladen, den Canal Saint-Martin. Zwar versprüht keiner der Orte den Charme des Filmklassikers, und doch sind es die Wege dorthin, die durch atmosphärische Gassen führen und immer wieder beeindruckende Blicke auf die Weite der Stadt freigeben. Als wir schließlich am Canal Saint-Martin ankommen, finden wir uns mitten im Pariser Leben wieder. Es ist Freitagabend und die Ufer sind bevölkert mit Menschen, die den Tag mit Wein und Essen ausklingen lassen oder auf die bevorstehende Nacht einstimmen. Andere Sprachen als Französisch hört man selten. Die Stimmung ist gelöst, man genießt das Leben. Ein Augenblick des Vie Parisienne, voller Atmosphäre und Freiheit, die durch das in diesen Stunden beginnende Wochenende eingeläutet wird. Wir mittendrin. Und dann sind wir also wieder angelangt an dem Moment: Wir, ein paar Bier, irgendwo am Wasser und mit guten Gedanken an die bevorstehenden Tage im Kopf. Wir haben noch so viele Pläne in Paris. Wir werden noch so viel erleben in den nächsten Tagen. Aber das wissen wir in diesem Moment noch nicht. Also sitzen wir. Und reden. Und dann sitzen wir und reden. Und sitzen und reden. Irgendwann lassen wir dann auch den Canal Saint-Martin hinter uns und setzen unseren Weg durch die Straßen fort, ohne genau zu wissen, wo wir gerade eigentlich sind. Wir finden eine dieser typischen Eck-Cafés und entschließen uns, noch was zu trinken. Ich bestelle Grimbergen, weil ich das noch nie zuvor getrunken habe, und meine Schwester Wein oder so etwas in der Richtung. Die Gegend ist auf jeden Fall ruhiger als am Kanal, es ist schon spät und es sind nur wenige Menschen unterwegs. Mein Blick fällt auf einen älteren Herrn vom Nebentisch, der in die Tageszeitung vertieft ist und den Abschluss des Tages zu genießen scheint. Eigentlich seltsam, so spät noch Zeitung zu lesen, und sich mit der weiten Welt zu befassen, wo doch allein die Straßenkreuzung vor uns so viel zu bieten hat. Ich beneide den Mann, dass er Paris jeden Tag erleben kann, obwohl ich weiß, dass er es vielleicht mit anderen Augen tut als ich und obwohl ich verstehe, dass ich es wahrscheinlich auch nicht mit denselben Augen sehen würde, wenn ich immer hier leben würde. Aber im Moment tue ich das ja nicht. Also ausgetrunken und weitergegangen. Es ist ja noch warm und wer weiß wohin uns der Weg in dieser Nacht noch führt.
homme et fenêtre.
les gens et une lanterne.
dixhuitieme avenue.
comptoir des archives.
la vie parisienne.
la tour.
le grand colbert.
le canal saint-martin.
La Belle Epoque
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Eindrücke einer Reise nach Paris.

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