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THE CAUSAL EFFECT | FREE ART WORK

THE CAUSAL EFFECT | FREE ART WORK | © Sven Lorenz
THE CAUSAL EFFECT | FREE ART WORK | © Sven Lorenz
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THE CAUSAL EFFECT | FREE ART WORK
Im Wesen der Portraitfotografie liegt eigentlich das Bestreben, den Portraitierten in ein möglichst gutes Licht zu rücken, damit seine (oder ihre) Charaktereigenschaften zu betonen und ihn vorteilhaft aussehen zu lassen. Dieses implizite Ziel des Portraits unterläuft Sven Lorenz bewusst mit seiner Serie „Causal-Effect“, bei der er Situationen bei Shootings, aber auch auf dem „roten Teppich“ eingefangen hat. Die von ihm abgelichteten jungen, attraktiven Frauen haben für die Fotos mehr oder minder intensiv mit ihm zusammengearbeitet. Man könnte ein Brautportrait ebenso in eine Fotografie hineindeuten wie ein besonderes Geschenk in eine andere, während die unnahbare Schöne sicher mit den übrigen Promis geladener Gast war und an den Schaulustigen nonchalant vorbeistolzierte – bis sie in den Fokus von Sven Lorenz kam, der sich ihr in den Weg stellte, sie so lange nervte, bis sie für einen kurzen Moment die Beherrschung verlor und ihm im Affekt die Zunge rausstreckte. Ätsch – da war’s ein Bild. Das eigentlich Erstaunliche ist aber, dass – auch wenn das Rausstrecken der Zunge das Gesicht in seiner Symmetrie stört – mehr vom Frechen, weniger Hässliches transportiert wird. Denn im Unterschied zur wutverzerrten Fratze impliziert die rausgestreckte Zunge eben doch auch ein spielerisches Moment, ist der Akt des Rausstreckens gewissermaßen eine Befreiung von der vorgeschriebenen Norm. Mit diesem Moment spielt nun wieder Sven Lorenz, indem er mindestens zwei Fotografien derselben Person übereinander montiert und mit digitalen Reglern weiter verfremdet. Die Portraitierten werden deshalb unscharf, das „normale“, situierte Bild und das „freche“ überlagern sich, der Charakter der Person schimmert unter der Rolle, der Haltung – letztlich: der gesellschaftlich verordneten Maske, die wir Konvention nennen – hervor.

„Causal-Effect“ hat Sven Lorenz die mehrteilige Serie betitelt, deren Fotografien spontan, aus der Situation heraus entstehen, nicht vorab festgelegt werden können, weil es ihm in letzter Konsequenz um das Surreale in der Realität geht: „Zu finden ist das Überraschende auch im Alltäglichen. Mich begeistert dessen filigranes, poetisches Zusammenspiel mit dem Gewöhnlichen, das einen paradoxen Gegensatz bildet.“ Dass er diesen Gegensatz mithilfe der Fotografie herausarbeitet, die oft als objektivstes künstlerisches Medium bezeichnet wurde, gibt der Auseinandersetzung eine weitere Dimension. Denn letztlich ist bereits die Auswahl des Motivs, der Blickwinkel des Fotografen eine erste Interpretation, was Sven Lorenz durch die ungewöhnliche Motivwahl, die Bildmontage und die digitale Nachbearbeitung zusätzlich betont. In die scheinbar festgeschriebene, gesellschaftlich fixierte Situation mit ihren Normen und Verhaltenskodizes bringt er durch den Reflex Spontaneität ein und holt dadurch andere, eher verborgene Charaktereigenschaften der portraitierten Person ans Tageslicht.     
Dr. Chris Gerbing, 2015
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