Regina Degenkolbe's profile

if i could tell another story - an intimate portrait

1977. Die Heirat meiner Eltern. Ich frage mich, was es bedeutet, das Hochzeitsfoto im eigenen Schlafzimmer aufzuhängen.
Es „hängen“ nicht viele Fotos und Bilder in unserem Haus. Und noch Wenigere gerahmt.
Hängen und Rahmen. Geordnet und stilbewusst.
Sauber und wertvoll.  Besonders und geschützt.  
Eine Erinnerung an sichere Zeiten und Zuversicht.

Eine Konservierung.
Ein leerer Blick voll an Gefühl und Schweiß.
Glück und Erschöpfung durchdringen das Innere und treten leise nach außen. Im Holz hallt nichts.

Unser Haus ist so groß und beherbergt eine Aneinanderreihung von reparierten Dingen.
Andere würden vermutlich sofort ersetzen und neu kaufen.
Meine Eltern improvisieren. Kleben. Funktion geht über Form.

„weiß wie Schnee, ihre Lippen rot wie Blut
und ihr Haar
schwarz wie Ebenholz“

Etwas Fragiles, Zartes. Das neues Leben mit sich bringt. Ein Traum. Ein wahr gewordener Traum. Eine Wahrheit?
Handarbeit ein Leben lang. Die rechte Hand ist seit Jahren halb taub. Die Muskeln um den Daumen zurückgebildet.
Was man mit Händen alles bauen, sägen, bekochen, nageln, nähen, sähen und pflanzen kann. Einen Stall, ein Haus,
eine siebenköpfige Familie, die zahllosen Bretter einer Scheune, die verschlissene Arbeitskleidung,
ein Feld mit Kartoffeln, Gemüse, Unkraut. Und acht Sonnenblumen.
Zeitungen. Dieses vage Horten von Informationen und Wissen.
Man will und kann es noch nicht wegwerfen, was intellektuellen Wert hat.
Wie aus einer anderen Zeit. Alte Sensen.
Ein Wellblechdach. Eine Garage. Und kein Auto.

Gebückt und trotzdem aufrecht. Würdevoll wankend, stolpernd, hinkend. 
Gerade deswegen schwebend und schwerelos.
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if i could tell another story - an intimate portrait

My Bachelorthesis "if i could tell another story" is a intimate view of my parents´ life. A balancing act between rough reality, full of privati Read More

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